Regenbogenbrücke
Lieber Pepper,
ich wollte schon kurz nachdem du uns verlassen hast, diese Zeilen schreiben, aber konnte es da noch nicht. Dafür jetzt… 13 Jahre, 5 Monate und 4 Tage bist du alt geworden. Eine sehr lange Zeit, zu der ich einfach noch etwas schreiben möchte, mehr als diese paar Zeilen am Tag nach deinem Tod…
Als Welpe warst du einfach nur knuffig und die Erfüllung eines lang gehegten Traums von mir: der erste eigene Hund
Wir haben dich recht spontan in Erfurt abgeholt und ins Saarland gebracht. Ich weiß noch ganz genau, dass Herrchen und ich die erste Nacht gar nicht schlafen konnten, weil wir auf einmal diese riesengroße Verantwortung für dieses kleine Fellknäuel hatten. In Nachhinein war es gar nicht so schlimm, wie wir es uns vorgestellt hatten
Wobei ich zugeben muss, dass du uns an unsere Grenzen gebracht hast. Du hast als Welpe ALLES gefressen: Sneaker Socken (da warst du erst ein paar Wochen hier), einen Ball aus einem Bällebad, eine Nylonstrumpfhose, einen Kochlöffel, mehrere Strümpfe, einen Handschuh, Steine… und unzählige Tempo-Taschentücher… der absolute Wahnsinn, wie oft wir zur Kotzspritze beim Tierarzt waren (oder ich mit einem Stöckchen diverse Gegenstände in deinen Häufchen gesucht habe). Ich hatte so oft Angst um dich! Aber irgendwann bist auch du vernünftig geworden


Du hattest als junger Hund mit Unverträglichkeiten zu kämpfen, warst aber alles in allem ein sehr gesunder Hund. Mit 9 hattest du einen Bandscheibenvorfall, der aber kaum Probleme machte. Mit 10 hattest du einen Milztumor, der aber operiert werden konnte und gutartig war. Ansonsten hat uns der Tierarzt nicht oft gesehen. Die letzten Monate bist du immer weniger geworden, wackeliger auf den Beinen, hast schlechter gesehen und nicht mehr viel gehört. Ich habe mich ganz oft gefragt, ob das Leben für dich noch lebenswert ist… Das Kotabsetzen fiel dir immer schwerer, man musste dich dabei festhalten. Und das eine oder andere Pippi ging auch immer mal wieder wohin, wo es nicht sollte. Dein dicker Kopf wurde immer schmäler und die Kraft weniger. Aber du warst immer fröhlich, wolltest noch immer deine kleinen Runden zum Schnüffeln gehen und bist immer mal wieder abgehauen, quer über die Wiese, dahin, wo es gut riecht. Eigentlich warst du sogar fröhlich bis zu deinem vorletzten Tag hier auf der Erde: wir waren alle zusammen Radfahren. Du bei mir im Anhänger, Spock bei Herrchen am Rad – so, wie ich es mir immer gewünscht und vorgestellt hatte. Diesen Wunsch hast du mir noch erfüllt und ich war so glücklich und habe mich darüber gefreut, dass du Herrchen die Kekse klauen wolltest
Als wir dann zuhause waren, hast du ganz laut schnarchend auf dem Balkon geschlafen. Es war wirklich ein perfekter Tag. Danke!

An deinem letzten Tag hier bei uns hast du uns morgens nicht begrüßt und hast einfach nur schlafen wollen. Da dachte ich noch, dass der Ausflug am Tag vorher vielleicht nur etwas viel war. Aber auch ein paar Stunden später wolltest du nicht aufstehen. Du hast dich nicht mehr über den Besuch gefreut, der extra deinetwegen kam. Und dann wolltest du nichts mehr fressen. Da wusste ich, dass es an der Zeit war, dich gehen zu lassen
Fast alle Menschen, die dich dein Leben lang begleitet haben, sind dann noch einmal gekommen, um dir „Tschüss“ zu sagen. Du mochtest Menschen schon immer viel lieber als Hunde… Mr. Spock und deine Freundin Mira ausgenommen. Und die beiden waren auch da. Als die Tierärztin zu uns kam, bist du laut schnarchend ganz friedlich für immer eingeschlafen. Ich glaube, du hattest eine sanfte Reise zur Regenbogenbrücke. Spock saß brav neben dir, Herrchens Hand lag auf deinem Rücken und ich hielt deinen Kopf und erzählte dir, dass ich jetzt mein Versprechen einlöse und du es gleich geschafft hast. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass ich dich in meinen Armen halte, aber du warst schon so schwach, dass ich dich nicht mehr bewegen wollte… Ich hatte dir als Welpe versprochen, dass ich dich gehen lasse und dich nicht quäle, so weh es mir auch tun wird. Und du musstest mir dabei versprechen, dass du es mir eindeutig zeigst, wenn du gehen möchtest. Ich denke, wir haben beide unser Wort gehalten 


Jeder, der dich kannte, wusste, dass Fressen deine absolute Leidenschaft war! Da konnte die schönste Hündin in der Standhitze um die Ecke kommen, du warst furchtbar schrecklich verliebt, aber dein Futter deswegen stehen lassen? Nie im Leben! Du hast geklaut wie eine Elster: bei allen GSS- Treffen hier bei uns hast du was vom Buffet gemopst, als alle fertig waren und dich keiner mehr im Auge hatte. Selbst bei deinem allerletzten GSS- Treffen hier hast du, als alle schon weg waren, das Baguette aus unsrem Auto geklaut. Beim Treffen in Aub hast du einer Teilnehmerin völlig dreist in deren Brot in ihrer Hand gebissen. Wir haben uns so geschämt! Bei Beas Geburtstag hast du einen ganzen Speckzopf geklaut und gefressen. Beim GSS-Treffen bei Familie Guhmann hast du die übrig gebliebenen Bratwürste roh inhaliert. Es kam dir entgegen, dass die alle noch aneinanderhingen – du musstest einfach nur schlucken. Kauen kanntest du sowieso eher nicht…. Du hast uns echt oft blamiert…
Ich glaube ja, dass ich dich bekommen habe, dass du mich von mir selbst ablenkst. Vorher habe ich mir nämlich ständig Sorgen um meine transplantierte Niere und meine Gesundheit gemacht – und dann kamst du und ich war mehr mit dir als mit mir beschäftigt. Und wirklich vor allem damit, dass du nichts frisst, was du nicht solltest. Dafür danke ich dir von ganzem Herzen!
Und noch für viel mehr: du hast mich mit deiner stoischen Art durch viele schlimme Zeiten begleitet und dich nicht dafür interessiert, wenn ich traurig war. Ich hatte mir immer einen Hund gewünscht, der mich tröstet. Tja, der warst du nicht. Aber du warst immer da und hast Ruhe und Gelassenheit ausgestrahlt. Vielleicht hast du gewusst, dass es besser war, mich nicht zu trösten, sondern einfach nur da zu sein…
Ich danke dir dafür, dass du mich zum Barfen „gezwungen“ hast, weil du Fertigfutter nicht vertragen hast. Dadurch habe ich meine(n) Beruf(ung) gefunden…
Ich danke dir dafür, dass du mich mit so vielen lieben Menschen zusammengebracht hast. Durch dich sind viele Freundschaften entstanden, die bis heute bestehen…
Ich danke dir für deinen Dickkopf, der mich gelehrt hat, dass Geduld alles ist. Unvorstellbar wie ungeduldig ich vor dir war… du hattest immer alle Zeit der Welt und hast wirklich an jedem Blümchen geschnüffelt…
Für all das und noch so viel mehr danke ich dir! Mein Pepper-Pep, mein Dickes Hund, mein Schatzehund, mein kleiner Nervbert,… das erste, was ich im Himmel suchen werde, bist du 





Aber vielleicht liegst du auch dann schon da, hebst kurz deinen Kopf, weil du gesehen hast, dass ich endlich da bin und legst den Kopf wieder hin. So wie immer, wenn ich nachhause kam…und bis dahin trage ich dich in meinem Herzen 

Güdesweiler, 02. August 2023
